Abschied von Black Sabbath und Ozzy Osbourne

„We’re not here to say goodbye, we’re here to say THANK YOU.“

Besser bringt es an diesem Abend niemand auf den Punkt als Scott Ian beim Auftritt von Anthrax. Eine tiefe Verbeugung vor Ozzy Osbourne, der sich mit diesem Event endgültig von der Bühne verabschiedet – und wie. Selbst die Wettergötter zollen Respekt: 45.000 Fans in Birmingham und über fünf Millionen Zuschauer im Livestream reiben sich ungläubig die Augen bei dem, was da aufgefahren wird. Schon die Ankündigung von Mastodon als erste Band sorgt für offene Münder – Mastodon als Opener! Der Wahnsinn nimmt seinen Lauf.

Neun Stunden Programm, dank rotierender Bühne nahezu pausenlos. Zwischen den Sets krachen Videobotschaften über die Screens – mal rührend, mal absurd, mal urkomisch. Elton John, Judas Priest, Dolly Parton. Dazu ‘Simpsons’-Schnipsel, Ozzy als Fake-Beatle und ein Bühnen-Elvis. Doch das sind nur die Horsd’œuvres. Was Musical Director Tom Morello und Host Jason Momoa im Hauptgang servieren, ist schlicht episch.

In knackigen 15-Minuten-Sets eilen sich Mastodon, Rival Sons, Anthrax, Halestorm und Lamb Of God durch ihr Programm. Danach folgt der erste von zwei Supergroup-Slots, die ihren Namen auch verdienen: Billy Corgan singt ‘Breaking The Law’, Sammy Hagar und Steven Tyler – beide 77 – singen mit einer Energie, die manchen Zwanzigjährigen erblassen lässt. Und dann: Ronnie Wood schlendert einfach auf die Bühne. Es kommt zum Drum-Off Travis Barker vs. Chad Smith vs. Danny Carey. Spoiler: unfairer Vergleich. Die Shredder-Verdienstmedaille geht an Nuno Bettencourt – trotz Konkurrenz von K.K. Downing und Zakk Wylde. Vielleicht ist es an der Zeit, ihn nicht länger in die Extreme-Schublade zu stecken. Was er abliefert, ist schlicht fett.

Überraschung des Abends? Yungblud! Gefühlt kennt ihn anfangs niemand –  60 Sekunden später grölt das Stadion mit ihm Sabbaths ‘Changes’. Gänsehaut pur. Wer’s verpasst: Clip auf Social Media suchen – lohnt sich.

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Alice In Chains, Gojira, Pantera, Tool – alle mit Kurz-Sets, alle mit maximaler Wirkung. Gojira fegen mit ‘Mea Culpa’ über das Infield, Tool stehen – ungewohnt – bei Tageslicht auf der Bühne, Maynard diesmal tatsächlich mittig. Selten. Groß. Highlights: ‘Ænema’ und eine Menge, die jede „Fuck“-Zeile mitbrüllt, als ginge es um alles.

Was das Event zusammenhält: die kollektive Egobremse. Keine Band versucht, sich in den Vordergrund zu drängen. Alle wissen, wem dieser Abend gehört – Ozzy, den Fans, der gemeinsamen Geschichte. Viele Acts bauen Sabbath- oder Ozzy-Hommagen in ihre Sets ein: Alice In Chains mit einem sensationellen ‘Fairies Wear Boots’, Tool mit einem gelungenen ‘Hand Of Doom’, Pantera gewohnt souverän mit ‘Planet Caravan’.

Slayer beenden ihren Slot mit der bewährten Leberhakenkombination ‘Raining Blood’ und ‘Angel Of Death’. Danach: Guns N’ Roses. Und leider der objektive Tiefpunkt des Abends. Nach Slayer hat man es schwer – aber so schwer? Wer bitte eröffnet mit einem müden Cover von ‘It’s Alright’? Axl klingt stellenweise wie eine Karaoke-Nacht im Tettnanger Landgasthof. ‘Welcome To The Jungle’ und ‘Paradise City’ reißen es nicht mehr raus. Lichtblick: Drummer Isaac Carpenter – der liefert.

Zum Glück folgt die Erlösung: Metallica. Mit ‘For Whom The Bell Tolls’, ‘Battery’ und ‘Master Of Puppets’ feuern sie das volle Brett ab. Inzwischen ist es dunkel. Die Luft vibriert. Alle warten auf den Moment: Ozzy.

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Sitzend auf seinem schwarzen Thron singt er sich durch sein Solo-Set – und, ja, er klingt deutlich besser als befürchtet. Man sieht den Kampf, das Zittern – aber auch den Willen, noch einmal alles zu geben. Halsspray, Wasser, kurze Pausen, aber kein Jammern. Als er ‘Mama, I’m Coming Home’ anstimmt, stehen selbst beinharten Kuttenträgern die Tränen in den Augen. Jeder Ton ein Abschied. Vielleicht von der Bühne. Vielleicht von uns allen.

Dann das Finale. Die Sirenen von ‘War Pigs’ heulen. Gänsehaut im Quadrat. Black Sabbath. Ein letztes Mal. ‘N.I.B.’, ‘Iron Man’, ‘Paranoid’. Ozzys Stimme ist anhaltend überraschend präsent. Angeblich setzte er seine Medikation vorher ab, um nicht sediert zu wirken. Mission geglückt. Riff-Lord Tony Iommi spielt wie immer verlässlich. Und Geezer Butler, 75 Jahre alt, zeigt ein letztes Mal, warum er für Generationen von Metal-Bassisten eine Blaupause ist. Und Urschlagzeuger Bill Ward ein letztes Mal zu verdienten Ehren.

Feuerwerk. Applaus. Tränen. Euphorie. Über 170 Millionen Euro wandern an drei wohltätige Organisationen in Birmingham. Ein Geschenk an seine Heimatstadt. Und ein Abschied für die Ewigkeit.

Ozzy – auch wir sagen nicht Goodbye. Wir sagen: DANKE.

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Autor: Maks Giordano


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Quelle: METAL HAMMER.de