Kritik zu Kayo Dot EVERY ROCK, EVERY HALF-TRUTH UNDER REASON

Die Vorgängeralben BLASPHEMY (2019) und MOSS GREW ON THE SWORDS AND PLOWSHARES ALIKE (2021) haben schon zu knapsen gegeben – und auch auf ihrem elften Album verweigern sich die Brooklyner Post-Progressive-Metaller um Toby Driver jeder Erwartungshaltung. Wir schreiben das zwanzigste Jahr nach der Veröffentlichung ihres Debüts CHOIRS OF THE EYE, dessen Line-up Driver hier wieder einberufen hat. Bewusst beruft er sich auch auf seine damaligen Kompositionstechniken, auf die Abkehr von allem, was irgendwie nach „Rock“ riecht – von vorhersehbaren Strukturen, Läufen, Refrains, Riffs. So ist der Opener ‘Mental Shed’ ein keuchend-schleppendes Esoterikmonster: elf Minuten Horror-Space mit Fauchrezitativ. ‘Oracle By Severed Head’ wandert selbstvergessen durch moosige Jazzthetik (Eyvind Kang meets Bruce Lamont?), bis eine Geige alles zusammensägt. ‘Closet Door In The Room Where She Died’ greift die Soundscapes des Openers auf, das wunde Anschreien gegen das Universum. ‘Automatic Writing’ führt ins Kino, lässt das ‘Blade Runner’-Saxofon aus dem Sack, bis das finale ‘Blind Creature Of Slime’ als konventionellster Track auf der Reise durch Makro- und Mikrokosmos beginnt, dann aber zunehmend Haken schlägt. Tatsächlich ist EVERY ROCK Drivers bewusster Widerstand gegen KI, gegen entmenschte Berechenbarkeit. Gedacht als Warnung, als aurale Skulptur – schillernd, morphend, unerklärlich.

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Quelle: METAL HAMMER.de