Kritik zu Ozzy Osbourne mit Chris Ayres LAST RITES

Wie zur Hölle haben sie das nur hingekriegt, fragt man sich immer wieder. Kaum drei Monate nach Ozzy Osbournes Tod erscheint dessen zweite, an die Rückschau von 2009 anknüpfende Autobiografie ‘Last Rites’, welche der „Madman“ abermals in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Chris Ayres verfasste. Das Werk endet – überraschend aktuell und rund – mit ausführlichen, ungelogen zu Tränen rührenden Gedanken zum „Back to the beginning“-Auftritt in Birmingham 17 Tage vor seinem Tod. Überhaupt wirkt das 352 Seiten starke, im Innenteil unbebilderte Buch – passend zum Titel („Letzte Ölung“ oder „Sterbesakramente“) – wie eine umfängliche Lebensbeichte aus dem Jenseits.

Der „Prince Of Darkness“ erzählt von seinen gesundheitlich schwierigen letzten Jahren und endlosen (in dieser drastischen Form wohl öffentlich bislang unbekannten) körperlichen Martyrien, blickt aber immer wieder auch episodenhaft in seine bewegte Vergangenheit zurück und geht dabei ehrlich und absolut schonungslos mit sich selbst ins Gericht – sei es im Hinblick auf die eigenen Alkohol- und Drogeneskapaden oder den Umgang mit seiner Ehefrau Sharon und seinen Band-Kameraden. Auch harte Einschnitte wie sein Rauswurf bei Black ­Sabbath oder der Unfalltod von Gitarrist Randy Rhoads spielen eine Rolle.

Zudem erfährt man einiges über die Entstehung von Osbournes letzten beiden Solowerken und lernt deren Bedeutung für den Künstler selbst erst richtig einzuschätzen. Als Leser schwankt man stetig zwischen Unglauben und Schrecken, Mitleid und brüllendem Lachen ob der irren Episoden aus der jüngeren wie älteren Vergangenheit Osbournes. „Wenn eine Katze neun Leben hat, dann habe ich mindestens 33“, stellt der Black Sabbath-Sänger an einer Stelle fest – spätestens nach diesem in lockerem Plauderton verfassten, schwer unterhaltsamen und stellenweise anrührenden Buch ist man geneigt, dies zu glauben.

Näher kam man dem Idol wohl nie. Nicht zuletzt deshalb ist LAST RITES ein absolutes Muss für jeden Metalhead. Das Buch funktioniert sowohl als Ergänzung des Vorgängers als auch komplett eigenständig. Der erste Schock nach der Todesnachricht ist mittlerweile verdaut und der weihnachtliche Kommerz noch weit genug entfernt, zudem bietet der Herbst Raum, Zeit und vielleicht sogar Muße, um über Vergänglichkeit und ewiges Leben nachzudenken – kurzum: Es hätte keinen besseren Erscheinungstermin für ‘Last Rites’ geben können.



Quelle: METAL HAMMER.de