Kritik zu Behemoth THE SHIT OV GOD

Das erste Mal, dass ich ein Behemoth-Album als Album des Monats feiern durfte, ist über 15 Jahre her. Mit EVANGELION steuerten die als Black Metal-Horde gestarteten und von Morbid Angel auf gemeinsamer Tour (mutmaßlich) zum Death Metal bekehrten Polen auf den Höhepunkt ihrer Karriere zu. Bis heute hat jenes Album die höchste Durchschnittsbewertung aller Behemoth-Scheiben bei metal-archives.com. Was sicher auch daran liegt, dass es das letzte „reine“ Black-Death-Album von Nergal & Co. war – THE SATANIST 2014 holte sich auf diesen Seiten zwar vergleichbare Ehren ab, ist jedoch unter Teilen der Fans wegen der unterstellten Kommerzialisierung verpönt. Natürlich ist der Kommerzvorwurf billig, aber es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass nach EVANGELION Behemoth-Alben vermehrt Mittel zum Zweck wurden: Sie befeuerten die zunehmend opulenteren Tourneen der Band, sie sorgten für die Bedrohlichkeit gegenüber dem Mainstream, der Nergal plötzlich auf der Titelseite der polnischen Ausgabe des Celebrity-Magazins Gala bewundern durfte.
Für mich ging es bei allem nach THE SATANIST immer darum, Argumente für ein „Ist trotzdem gut“ zu finden, trotz der manchmal billigen Provokationen aus satanischen Phrasen und Schock-Rock-Kinderchor-Inszenierungen. Und diese Aufgabe hat sich mir ehrlicherweise auch bei THE SHIT OV GOD erhalten, wenngleich ich schnell fündig wurde. Die Zeichen dafür standen mit dem vorab veröffentlichten Titel-Song allerdings schlecht – die plumpe Anmache dieses vielleicht schlechtesten Songs auf dem 13. Album des Trios um Frontmann Adam „Nergal“ Darski und Drum-Legende Zbigniew „Inferno“ Promin’ski hätte echt nicht sein müssen. Doch wie so oft hilft es, sich mit gedämpften Erwartungen einem Thema zu nähern und dann amtlich wegblasen zu lassen: Der Einstieg mit ‘The Shadow Elite’ und ‘Sowing Salt’ ist fulminant und bietet statt des Industrial-Gespenster-Gedröhns zuletzt beim Start von OPVS CONTRA NATVRAM Riff-satte Aggression.
Der angesprochene Titel-Song schwingt danach das stumpfe Schwert der letzten zehn Jahre – Bombast und Chöre prägen auch das folgende ‘Lvciferaeon’, aber zum Glück spielen sich die Gitarren wieder mehr in den Vordergrund und lassen sich ihre tragende Rolle nicht mehr nehmen. THE SHIT OV GOD präsentiert sich kompakt – 38 Minuten sind auch für Behemoth, die nicht zu ausufernden Alben neigen, kurz – und ohne Balladen oder sonstige Experimente. Insgesamt geht es mir damit so wie letztes Jahr mit Rotting Christs PRO XRISTOU: Wahrscheinlich haben sie mich mit ihren Post-EVANGELION-Sound weichgekocht, vielleicht muss ich auch nur mal runter vom Kritiker-Ross – ‘The Shit Ov God’, der Song, ist scheiße, das Album THE SHIT OV GOD aber trotzdem gut, weil es Spaß macht.
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Quelle: METAL HAMMER.de