Kritik zu I Prevail VIOLENT NATURE

Das erste Album ohne Brian Burkheiser stand unter Beobachtung – schließlich war seine Stimme ein Markenzeichen, das man aus tausend Metalcore-Bands sofort herausgehört hat. Doch anstatt sich in Vergleichen zu verlieren, gehen I Prevail im VIOLENT NATURE den Schritt nach vorn. Eric ­Vanlerberghe steht nun allein am Mikro – und macht seine Sache stark. Seine Screams sind ohnehin Naturgewalt, sein Klargesang vielleicht weniger markant als der seines Vorgängers, aber kraftvoll und ehrlich. Es fehlt also etwas, aber gleichzeitig entsteht Neues: ein Sound, der härter schneidet und weicher umarmt, manchmal in einem Song. Die Platte selbst ist ein ständiges Hin und Her: ‘NWO’, ‘Violent Nature’ und ‘God’ sind die Abrissbirnen, die Circle Pits garantieren. Dazwischen klingen ‘Annihilate Me’, ‘Pray’ oder ‘Rain’ wie Metalcore-Stücke aus dem Bilderbuch – hymnisch, verzweifelt, mit großen Refrains, die hängenbleiben. ‘Synthetic Soul’ experimentiert mit Synth-Schichten, und ‘Crimson & Clover’ zieht alles auf Akustik runter und klingt fast nach Lagerfeuer. Klar, das Tempo ist insgesamt gedrosselt, der Dauerbeschuss von TRUE POWER (2022) bleibt aus. Dafür wirkt die neue Platte abwechslungsreicher, emotionaler – und ehrlicher. Es ist kein makelloser Meilenstein, sondern ein spannender Neuanfang. Und genau das macht es interessant: eine Band, die sich neu sortiert, ohne ihre DNS zu verlieren. Fans dürfen sich freuen – auf ein vielseitiges Werk, das zwischen Härte, Gefühl und Experimentierfreude pendelt und dabei mehr liefert, als viele erwartet hätten.

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Quelle: METAL HAMMER.de