Kritik zu Kreator HATE ÜBER ALLES

Aller guten Dinge sind fünf: Kreator setzen ihre Reihe von Soundcheck-Siegen ohne Unterbrechung fort. Noch unglaublicher: Sie schaffen es tatsächlich, immer noch einen draufzusetzen! Da sage noch einer, im Thrash Metal seien keine Variation oder Evolution möglich. Die mittlerweile zu gleichen Teilen international wie ruhrpottstämmig besetzte Band (erstmals brummt Frédéric Leclercq auf einem Kreator-Album am Bass) scheut seit jeher nicht vor Weiterentwicklungen, Modernisierungen und Blicken über den Szenetellerrand zurück. Das hält frisch, interessiert und interessant. Auf HATE ÜBER ALLES lehnen sich Kreator stellenweise so weit aus dem Fenster wie seit den (unterschätzten und oft zu Unrecht verschmähten) Neunziger-Jahre-Alben nicht mehr – verstehen es mehr als zwanzig Jahre später aber besser, verschiedene Stilelemente aufzugreifen und in ein jederzeit authentisches sowie vor allem schwer krachendes Thrash-Umfeld einzuweben.

Am fernsten aus der Komfortzone wagt sich fraglos ‘Midnight Sun’ mit Gastsängerin Sofia Portanet und gespenstisch-melodischer Gothic-Schlagseite in Bridge und Refrain, genauso wie der engelsgleiche Gesang von Indie-Künstler Drangsal den ohnehin schon hymnischen Banger ‘Conquer And Destroy’ auf eine ganz andere Ebene katapultiert. Beiden Nummern geht dabei wohlgemerkt kein Funke Metal ab. Die Grenzen schmelzen auch zwischen den Subgenres: ‘Become Immortal’ liefert rein instrumental im Grunde klassischen Heavy Metal inklusive Accept-Ohohoh-Chören, zeigt aber mit keifendem Gesang, Gangshouts und scharfen Riffs beißwütig Zähne. ‘Dying Planet’ spielt mit Doom- und Black Metal-Elementen, und das wüste ‘Strongest Of The Strong‘ öffnet sowohl düster-melodischen Heavy-Riffs als auch der Straßenkampfattitüde des Hardcore die Tür. Doch nicht nur im Kern, sondern auch ganz deutlich im Überbau heißt die Stoßrichtung: Thrash!

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Ein heftiges, naturbelassen-kantiges Sound-Bild (von Arthur Rizk als Produzent verantwortet) bestimmt HATE ÜBER ALLES – und lässt dennoch Raum für filigrane Details: seien es feierliche Soli und ein besonders wuchtiges Schlagzeug im galligen ‘Crush The Tyrants’, Gangshouts im erhabenen Refrain des messerscharfen Nach-Vorne-Thrashers ‘Demonic Future’, tieffrequent explodierender Antrieb im boshaften ‘Killer Of Jesus’ oder feine Harmonien sowie völlig freidrehende Gitarren im Finale des zornigen Titel-Songs. Das epochale ‘Pride Comes Before The Fall’ öffnet gar die Schere von balladesken Klängen hin zu peitschender Komplettversohlung. Kreator mögen wüten, aber immer mit Bedacht. Sie mögen hassen, aber immer mit positiver Auflösung. Und bei alledem klingen sie völlig ungezwungen, mannigfaltig und grundehrlich. Thrash Metal eben – auf meisterlichem Niveau.

Quelle: METAL HAMMER.de