Kritik zu Ozzy Osbourne PATIENT NUMBER 9
Nein, dass mit Post Malone oder Travis Scott auf der letzten Ozzy-Scheibe ORDINARY MAN (2020) Künstler auftraten, die dem Heavy-Universum eher fremd waren, hat mich nicht irritiert – es war die Produktion, die so aufdringlich modern gehalten war, dass man den Eindruck bekam, man müsste Ozzy auf Gedeih und Verderb beim Jungvolk anbiedern. Zwei Feststellungen: 1. Das hat diese Legende nicht nötig. 2. PATIENT NUMBER 9 stellt sich klanglich organischer auf und erinnert an die Soloscheiben aus den Achtziger Jahren: leicht bizarr, phasenweise überdreht, voller Charakter, durchsetzt mit fantastischen Hooklines, ein Mix aus klassischem Hard Rock, Balladen, Spleens und Heavy Metal. Die Gästeliste dieser Scheibe sprengt komplett den Rahmen und dokumentiert einerseits die Aura des Frontmanns, wirkt aber auch leicht überfrachtet (Namedropping, jemand?): Tony Iommi, Jeff Beck, Eric Clapton, Chad Smith, Duff McKagan, Rob Trujillo, Josh Homme, der im März verstorbene Taylor Hawkins und der (zum Glück) unvermeidliche Zakk Wylde – alle erweisen dem Madman ihre Ehre und machen ihre Sache sehr gut.
PATIENT NUMBER 9 glänzt mit typischen Ozzy-Gassenhauern (Titel-Song, ‘No Escape From Now’, ‘Mr. Darkness’, ‘Evil Shuffle’, ‘Dead And Gone’), nachdenklicheren Momenten (‘One Of Those Days’, ‘A Thousand Shades’, ‘Nothing Feels Right’, ‘God Only Knows’) und dem unvergleichlichen Osbourne-Charakter am Mikro. Es gibt aber auch Schwachstellen: ‘Immortal’ mit Pearl Jam-Gitarrist Mike McReady wirkt unrund beziehungsweise unvollendet, ‘Parasite’ ist produktionstechnisch ein schlimmer Rückgriff auf die letzte Scheibe, und ‘Degradation Rules’ kommt trotz cooler Mundharmonika im Chorus nicht aus dem Quark. Nichtdestotrotz ein richtig starkes, authentisches Ozzy-Werk.
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Quelle: METAL HAMMER.de