Kritik zu Blind Guardian THE GOD MACHINE
Ein Soundcheck-Sieg ist immer ein Grund zu feiern; selten aber mehr als in diesem mit würdigen Kandidaten übervollen Release-Monat. Blind Guardian stellen damit erneut unter Beweis, dass sie zu den unangefochtenen Lieblingen von Metalheads quer durch alle Genre-Prägungen und Altersschichten gehören – und dabei in einer ganz eigenen Klasse spielen. Im vollen Bewusstsein, das Maximum von Orchestration und Albumkonzepten erreicht zu haben, schaltet das Quintett (am Bass ist hier noch Barend Courbois statt Johan van Stratum zu hören) in vielen Belangen einen Gang herunter: THE GOD MACHINE setzt auf für sich stehende Songs, die weniger symphonisch, stattdessen Riff-basierter, härter und direkter daherkommen.
Damit wird es den Sympathieträgern gelingen, endlich auch all jene Fans wieder einzufangen, denen die Band in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren zu überbordend und theatralisch erschien, ohne dass sie etwas von ihrem Anspruch, ihrer Progressivität und Vielschichtigkeit aufgeben müssten. Vor allem die Rückbesinnung auf herausstechende Refrains ist der Türöffner zu ihrem (das Twilight Orchestra-Projekt nicht mitgezählt) elften Studioalbum. Dabei unterstützen die Chöre und Orchestrationen jederzeit Hansi Kürschs Gesang und die Band, nicht andersherum!
‘Damnation’ zeigt mit sehnsuchtsvollem Chorus und typischen Gitarrenharmonien IMAGINATIONS FROM THE OTHER SIDE-Schlagseite. ‘Violent Shadows’ erschlägt abseits des siegessicheren Refrains mit pfeilschnellem Drumming und zerstörerischer Grundstimmung. ‘Architects Of Doom’ liefert gar Speed Metal, der auch Fans ganz früher Blind Guardian-Alben abholen sollte, öffnet sich aber zu einem regelrecht verträumten Chorus mit heavy Gitarren und wuchtig marschierenden Drums, während ‘Blood Of The Elves’ galoppierend und jubilierend unterstreicht, wie komplexes Songwriting schlüssig und eingängig gelingt. ‘Life Beyond The Spheres’ verschließt sich auch nicht vor modernen Klängen, und in ‘Secrets Of The American Gods’ stehen Chöre und Orchester-Arrangements gleichberechtigt neben breitbeinigen Riffs, sodass Luftgitarristen und -taktstockschwinger in Eintracht abschädeln können.
THE GOD MACHINE vereint also das Beste aus allen Blind Guardian-Welten und kredenzt mit dem gefühligen ‘Let It Be No More’ auch noch eine wunderbare Pomp-Ballade. Blind Guardian präsentieren sich als Lieblings-Band und Melodic Metal-Urgesteine ohne jegliche Alterserscheinung, die zu Recht ihren sechsten Soundcheck-Sieg in Folge (Durchmarsch seit NIGHTFALL IN MIDDLE-EARTH, 1998) einstreichen.
Quelle: METAL HAMMER.de