Zweiter Kampf mit seinen Dämonen
Der ehemalige In Flames-Gitarrist Jesper Strömblad hat die letzten Liveshows von The Halo Effect ausgesetzt, um mit seiner Alkoholsucht fertig zu werden. In einem Interview hat er nun über seinen Leidensweg gesprochen. Der 49-Jährige sagt, dass ihn seine Band-Kollegen auf seinem Weg unterstützt haben und so weit gingen, Patrik Jensen von The Haunted anzuheuern, um bei Gigs, die er nicht spielen kann, für ihn einzuspringen. „Sie halten mir den Rücken frei. Besonders, wenn wir irgendeinen Medienkram machen und ich wegen einer Panikattacke abbrechen muss – sie übernehmen dann. Dieses Mal habe ich ein Netz von Leuten, die mich stärken. Ich werde also wieder auf die Beine kommen und eher früher als später mein volles Potenzial ausschöpfen.“
„Ich bekomme so viel Liebe“, fuhr er fort. „Ich bin so erleichtert, die positiven Kommentare zu lesen. Und auch, dass ich so eine großartige Unterstützung von der Band und deren Umfeld bekomme. Ich habe eine Art Depression entwickelt. Dagegen kann ich nichts tun, auch wenn ich gerne würde. Das klingt seltsam, aber so äußert sich die Krankheit. Ich kann also nie sagen: ‚Oh, wir haben in zwei Wochen eine Show. Okay, ich werde da sein.‘ Vielleicht habe ich an diesem Tag einen guten Tag, aber das kann ich nie von einem Tag auf den anderen garantieren. Daran muss ich mich also gewöhnen; ich muss mich neu verkabeln. Aber ich habe gute Ärzte, die mir dabei helfen.“
Jespers neues Bewusstsein für den Kampf mit der Sucht
Zu der Frage, wie er dieses Mal anders mit seiner Sucht umgeht, sagte Jesper: „Ich habe im Grunde immer zu allem Ja gesagt. Aber jetzt höre ich einfach auf meinen Körper, und wenn er sagt: ‚Nein, das solltest du nicht tun‘. Alle sind damit einverstanden. Ich bin so frustriert, dass ich nicht auf die Bühne kann. Es gibt einen ausgearbeiteten Plan, und wenn ich nur die Disziplin habe, die mir fehlt – dann muss ich sie irgendwo finden. Aber ich bin dahingehend sehr optimistisch. Anderseits bin ich eine Art Pessimist, das war ich schon immer. Und jetzt sage ich mir: ‚Warum wache ich immer auf und sage, dass es ein beschissener Tag werden wird? Ich werde aufwachen und sagen, dass es ein großartiger Tag werden wird.‘ Man weiß nie, was passieren wird.“
Jesper sagte weiter, er sei fest entschlossen, gesund zu werden und seine Dämonen ein für alle Mal zu besiegen.„Ich habe wirklich gute Hilfe. Aber es braucht Zeit“, sagte er. „Ich würde sagen, dass es eine Art posttraumatischer Stress ist, durch den ich gehen muss. Die Sucht hat mich in die Depression geführt, und das ist eine Krankheit“, fügte er hinzu. „Und das ist nichts, wofür man sich schämen muss. Das kann jedem passieren, zu jedem Zeitpunkt.“
Mit alten Freunden wiedervereint
The Halo Effect, zu dem auch die ehemaligen In Flames-Mitglieder Daniel Svensson (Schlagzeug), Peter Iwers (Bass), Niclas Engelin (Gitarre) und Mikael Stanne (Gesang) gehören, wurde im vergangenen Jahr offiziell gegründet. Mehr als ein Jahrzehnt, nachdem Jesper In Flames verlassen hatte, um sich wegen seiner Alkoholsucht weiter behandeln zu lassen. The Halo Effect veröffentlichten ihr Debütalbum DAYS OF THE LOST am 12. August über Nuclear Blast Records.
In einem Interview mit einem australischen Podcast sagte Gitarrist Niclas, wie es um Jespers Gesundheit steht: „Es ist ein ständiger Kampf . Er hat mit seinen Dämonen zu kämpfen. Wir sind mit ihm in diesem Kampf. Wir unterstützen ihn – es geht nur um Liebe. Und er ist heute in einer besseren Verfassung als früher. Er wird also mit uns auf der Bühne stehen, soweit er es kann und sich stark dabei fühlt. Kein Druck von uns. Es muss sich für ihn gut anfühlen.“
Die Band gab ihr Live-Debüt im Juni bei einem schwedischen Festival. Die Show markierte das erste Mal seit über einem Jahrzehnt, dass Strömblad mit seinen ehemaligen Band-Kollegen spielte. Ihre erste Tournee wird im Sommer und Herbst 2022 als Vorgruppe der schwedischen Death Metal-Giganten Amon Amarth und der US-Metaller Machine Head bei 31 Terminen in Europa stattfinden.
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Quelle: METAL HAMMER.de